Praxis reifer Führung

In der Online Buchlesung sprach der Autor des Buchs Die Kunst reifer Führung” Werner Sattlegger mit Manuela Sattlegger über die Praxis reifer Führung, dem Phänomen von Deep Work und Flow, vor allem wie dies in Unternehmen gelebt werden kann.

Was ist Praxis reifer Führung? 

„Reife Führung ist eine Kunst die erlernt werden kann und mit Selbsterkenntnis beginnt. Schnellsiedekurse oder Patentrezepte helfen wenig, denn die Basis für reife Führung ist eine persönliche Reife, die Zeit und Geduld erfordert“, schildert der Autor zu Beginn seine persönliche Erfahrungen. Sie beginnt mit der Fähigkeit sich selber zu führen, wofür es Selbsterkenntnis braucht. Otto Scharmer spricht vom „Blind Spot of Leadership“, wenn Führungskräfte ihre blinden Flecken nicht sehen oder sehen wollen. Die Praxis reifer Führung führt oft zu reifen Beziehungen und letztlich zu einer reifen Unternehmenskultur, was die Grundlage für eine beglückende Arbeit, Freude und Produktivität ist. Das ist dann eine Form von Deep Work, wo politische Spiele, Seilschaften oder Scheingefechte keinen Raum haben.

Deep Work

Der Informatikprofessor Cal Newport hat den Begriff der “Deep Work” als einen Zustand beschrieben, der durch hohe Konzentration über einen längeren Zeitraum ohne Unterbrechung hohe Kreativität ermöglicht.

  • Im Deep Work Modus ist man ist versunken und konzentriert, ohne Ablenkungen über einen längeren Zeitraum von mindestens 90 Minuten.

  • Das Gegenteil davon ist die sogenannte “Shallow Work”, was die meisten Menschen in Organisationen kennen: Calls, Meetings, Social Media oder sonstige ständige, kurzfristigen “Kicks” geben, aber auf Dauer frustrieren und vor allem unproduktiv sind.

Trotzdem vermeiden wir “Deep Work”, da dies am Anfang langweilig ist, Ausdauer braucht und Konzentration erfordert, die wir in der heutigen Zeit nicht mehr haben. Aber Deep Work ist beglückend, kreativ und produktiv, vor allem ermöglicht es einen einzigartigen Bewusstseinszustand.

Go with the Flow

Viele kennen diesen Zustand als “Runners High” oder “Being the Zone”, Jazz Musiker kennen es als “Being in the the Pocket”. Es sind zwar unterschiedliche Begriffe, aber mit der immer gleichen Beschreibung:

  • Gefühl der Leichtigkeit, die Zeit scheint mühelos zu vergehen und ein Gefühl der Freude stellt sich ein. In der Wissenschaft als Flow bekannt, wurde es in den letzten Jahren intensiv erforscht.

Your perform und feel better”, beschreiben die beiden Autoren Wheal und Kotler in ihrem Buch Stealing Fire“ die wichtigsten Forschungsergebnisse: Produktivität, Kreativität und die Lernfähigkeit steigern sich dramatisch.

  • Im Flow Genom Project” von Google wurde erforscht, was sich bei diesem Bewusstseinszustand im Gehirn abspielt. Eine der wichtigsten Erkenntnisse ist die Ausschaltung des sogenannten Präfrontale Kortex“, dem Ort unseres Denkens, unserer Analysen und des selbstempfundenen Selbst ist. Aus diesem Grund erleben so viele Menschen in diesem Zustand Selbstvergessenheit und Zeitlosigkeit.

  • Ebenfalls im „Präfrontalen Kortex“ angesiedelt sind die sogenannten persönlichkeitsbezogenen Konzepte der Impulskontrolle, übersetzt der sogenannte innere Kritiker. Gleichzeitig werden im Flow biochemisches Substanzen wie “Norepinephrin und Dopamin” ausgeschüttet, die zu einem erhöhten Fokus und besseren die imaginären Fähigkeiten führen. Muster werden schneller erkannt, Ideen oder in neuer Weise verbunden, sprich die Kreativität explodiert. Es werden noch andere Substanzen ausgeschüttet, wir zum Beispiel “Anandamid”, das die Fähigkeit zum lateralen Denken dramatisch verbessert.

Der beschriebene Zustand scheint aber leider für viele Menschen im Arbeitsalltag nur Utopie zu sein, Umfragen nach erleben diesen Zustand nur 5%. Aber dieser Zustand ist mittlerweile in Organisationen und TOP Management angekommen, so hat unter anderem eine 10-jährige McKinsey-Studie festgestellt, dass die Top-Führungskräfte fünfmal - d. H. 500 Prozent - produktiver sind, wenn sie sich im Flow befinden.  

Wie kann Flow in Organisationen entstehen?

Man kennt die Parameter und Rahmenbedingungen für Flow, das sind alles keine Raketenwissenschaften. Für die Umsetzung braucht es einige strukturelle, organisatorische Rahmenbedingungen, sowie reifer Führung, die folgendes ermöglicht:

Struktur:

  • Mailfreie Tage um konzentriertes Arbeiten zu fördern

  • Meetingfreie Tage um Bla Bla Besprechungen reduzieren

  • Radikale Reduktion von Social Media und sonstigen Ablenkungen

  • Räume für konzentriertes Arbeiten schaffen

Team:

  • Ausrichtung auf ein Ziel, Klarheit über Mission, Vision und Sinn

  • gemeinsame Werte und klare Verteilung Ressource

  • jeder im Team kann seine Potentialen entfalten

  • Förderung von Straight Talk, um emotionale Sicherheit zu fördern

Denn oberflächliche und unreife Unternehmenskultur erkennt man oft im „Kaffeeklatsch, wo wir in deren Abwesenheit hauptsächlich über andere reden. Es führt zu Scheingefechten, Seilschaften oder politischen Spielchen, die alle eine reife Unternehmenskultur verhindern.

Beispiel Netflix

Am Schluss der Lesung liest Werner Sattlegger noch eine kurze Passage aus seinem Buch, wo eine reife Unternehmenskultur an Hand des Beispiels von Netflix

Anfang 2000 war das Unternehmen „Blockbuster“ schlichtweg das Symbol für Heimkino in den USA. Es war der Ort, wo man alle Videos ausleihen konnte. Sechs Milliarden Dollar schwer und mit global 9.000 Filialen war Blockbuster Marktführer. Zur gleichen Zeit hatte das gerade erst gegründete Unternehmen „Netflix“ etwa 100 MitarbeiterInnen und schrieb tiefrote Zahlen. Der CEO von Netflix, Reed Hastings, wollte Netflix deshalb an Blockbuster verkaufen, um eine Online-Videoverleih-Plattform aufzubauen. Doch Blockbuster lehnte ab, der geforderte Preis von 50 Millionen Dollar war dem Platzhirsch zu hoch. Der Rest ist Geschichte: Nur neun Jahre später musste Blockbuster als Marktmonopolist Konkurs anmelden, während Netflix von einem Höhenflug zu anderem eilt und mittlerweile überhaupt die Geschichte des Films neu schreibt. 

Der entscheidende Unterschied war eine Unternehmenskultur, in der radikale Offenheit und Transparenz tatsächlich gelebt werden. Ständiges, direktes und konstruktives Feedback ist ein Muss bei Netflix. Ein „Hinter-dem-Rücken-Getuschel“ gibt es bei Netflix nicht.

Wir sind der absoluten Überzeugung, dass reife Führung in Zukunft den Unterschied ausmachen wird. Denn es ist ein Weg zu Flow, damit ein Weg zu Deep Work, Kreativität, Freude im Tun und hoher Produktivität.

Das ist was in Zukunft auch den Unterschied ausmachen wird, den Rest übernimmt ohnehin KI.

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Autor: Werner Sattlegger
Founder & CEO Art of Life

Experte für digitale Entwicklungsprozesse, wo er europäische mittelständische Familien- und Industrie-unternehmen von der Komfort- in die Lernzone bringt. Leidenschaftlich gerne verbindet er Menschen und Unternehmen, liebt die Unsicherheit und das Unbekannte, vor allem bewegt ihn die Lust am Gestalten und an Entwicklung.