Die Kunst Grenzen zu setzen

Art of Life Podcast Folge 03

Art of Life Podcast Folge 03

Podcast Episode 3 –„Die Kunst Grenzen zu setzen“

Egal ob im beruflichen oder privaten Beziehungssituationen, wer kennt sie nicht  - die Vielredner, die Manipulierer, Energievampiere, Narzissten oder Psychopathen, die alles  eines gemein haben: sie übertreten Grenzen anderer Menschen, nerven, rauben Energie und nicht zu selten schädigen sie andere Menschen.

Auf der einen Seite die „Täter“ und auf der anderen Seite die „Opfer“, so einfach ist es aber nicht. Denn die “Opfer“ lassen es auch zu, dass eigene Grenzen überschritten werden, „Türen“ werden aufgemacht und Grenzüberschreitungen wird nichts entgegengesetzt. Was die Ursachen dafür sind, in welchen Situationen man was tun kann, genau darum geht es in der aktuellen Podcast folge – „Die Kunst Grenzen zu setzen“.

Was sind die Stufen und Situationen, in denen Grenzen überschritten werden?

Stufe 1: nervend 

Es sind Vielredner, Niedertexter oder Wichtigtuer, die oft wenig zu sagen haben, aber immer den Raum einnehmen, vor allem von anderen. In jedem Team, sozialen Zirkeln oder Freundeskreisen kennen wir diejenigen, die ein “Augenüberdrehen” bei anderen auslösen, sobald sie zu sprechen beginnen 

Stufe 2 – energieraubend

Es sind die Egoisten, Schönredner, Energievampire oder Manipulierer, die ihren Willen gegen den der anderen durchsetzen. Meistens entziehen sie auch die Energie anderer und verhindern jede Form von Resonanz.

Stufe  3 – krankmachend

Es sind die Narzissten und Psychopathen, die auf Grund eines toxischen und dysfunktionalem Verhalten andere Menschen schädigen - monetär, emotional oder sozial. Andere werden belästigt, herabgewürdigt, beleidigt, erniedrigt, bis hin zu körperlichen Übergriffen.

Situationen dafür gibt es in privaten Beziehungen, sozialen Zirkel und Freundeskreisen oder in Organisationen und Unternehmen

Konkretes Beispiel  

Walter P. hat eine mittelhohe Position in einer Verwaltungsbehörde, mit weitreichenden Befugnissen und Machtfülle in Form von Bewilligungen, Gutachten, etc.---- Ist wahnsinnig engagiert, liebt seinen Beruf, Arbeit immer freiwillig viele Stunden mehr in der Woche, auch am Wochenende. Darunter leider seine Familie und er selber, vor allem gesundheitlich.

Walter P. ist sehr ehrlich, offen und beliebt. Gleichzeitig schikaniert ihn der Behördenleiter, streicht im Urlaube, kürzt Zulagen und gibt ihm immer mehr Aufgaben, ohne Widerstand von Walter P.

Ebenso sind die Kollegen von Walter P. sogenannte Saboteure, erledigen nicht ihre Aufgaben und schieben diese an Walter P. . Auf einmal der Zusammenbruch von Walter P. – 8 Wochen Reha.

Warum werden keine Grenzen gesetzt ?

Viele Menschen lassen sich oft viel zu viel gefallen, lassen mit sich Dinge geschehen, die entwürdigend, verletztend und der eigenen Entwicklung im Weg stehen. Warum das so ist, kann nicht mit einer einfachen Regel erklärt werden, denn vielschichtige Ebenen können Ursachen sein. Daher nützen auch gut gemeinte Ratschläge in die Richtung “ einfach mal Nein sagen” nicht viel. Darüber sprechen wir in der aktuellen Podcastepisode.

-       Persönliche Hintergrund

Zwischen Menschen und Umwelt befinden sich sogenannte „Kontaktgrenzen“, die sowohl trennen als auch verbinden. Kontakt und Kontaktgrenze sind Prozesse, mit denen sich der Organismus, d. h. der einzelne Mensch im Austausch mit der Umwelt erhält, Neues damit assimiliert, aufnimmt und aufwächst, damit sich weiterentwickelt. Der Anpassungsprozess des Organismus, der Psyche und damit des Menschen an die Umwelt (und umgekehrt) als Kontaktprozess kann bei einer Kontaktstörung auf Grund von Beeinträchtigungen nicht vollständig geschehen konnte.

Damit konnte sich eine „vollständige (oder ‚geschlossene‘) Gestalt“ im Sinne einer abgeschlossenen Anpassungsleistung nicht ausbilden. Was vielleicht ein wenig sperrig klingt, hat aber ganz praktische Auswirkungen, vor allem fast immer die ähnlichen Ursachen – schmerzhafte frühkindliche Erfahrungen.

Wir kommen auf die Welt aus dem ozeanischen Gefühl der Verbundenheit. In den ersten Monaten und Jahren kann das Baby oder Kleinkind Zurückweisungen, Grenzverletzungen oder sonstige schmerzhafte Erfahrungen machen, ohne sich wehren zu können. Das Baby kann weder sprechen oder sonst eigene Bedürfnisse ausdrücken, die dann vielleicht falsch interpretiert werden, Eltern können auch überfordert sein, denn sie wissen vielleicht nicht was sie tun sollen - wer kennt es nicht.

Wenn diese empfundenen Verletzungen oft und regelmäßig passieren, dann führen diese zu sogenannten “Kontaktstörungen” im späteren Leben des Kleinkindes. Auf Basis dieser frühkindlichen Beziehungserfahrungen bilden sich Muster, wie Beziehungen gelebt werden. Eine dieser Kontaktstörungen (insg. gibt es nach der Gestalttherapie 5 Kontaktstörungen) ist die sogenannten „Konfluenz“, dabei stehen Gleichförmigkeit, Angepasstheit, Gefälligkeit, Harmonie oder Konfliktvermeidung im Mittelpunkt. Harmonie entwickelt sich dabei nicht organisch, sondern auf Basis „fauler Kompromisse“, Vermeidungen, Verstrickungen oder Schönfärbereien.

Umgangssprachlich wird Konfluenz auch als Verschmelzung bezeichnet, jede Unterscheidung oder Differenzierung zwischen Menschen oder Gruppen wird vermieden. Begegnungen, Beziehungen und Kontakte “zerfließen und verschmelzen„ ohne Kontaktgrenzen, meistens in Form von konformistischer Angepasstheit, “gefällig sein” oder Jasagertum, ohne Widerspruch oder Konfliktbereitschaft.

Beispiel : Ein Team ist besonders stolz darauf, dass es nie einen Streit oder Konflikt gibt und alle Teammitglieder im Gleichklang sind. Harmonie um jeden Preis, koste es was es wolle – das ist das Mantra dieses Teams. Widerspruch und andere Meinungen sind nicht erwünscht, das Team schottet sich auch ab, es wird niemand in das Team gelassen, da er als “Störenfried” angesehen wird. Jegliche Innovation oder Veränderungen bekommen dadurch keinen Raum. Alle im Team wollen geliebt werden, vermeiden daher jede Form des Konflikts. Niemand spricht an, was einen bewegt oder stört, vor allem bekommen Veränderungen keinen Raum.

  Sozialer und kultureller Hintergrund 

Unterscheidung zwischen Mann und Frau, zwischen unterschiedlichen Kulturen, Entitäten oder gesellschaftlichen Schichten spielen eine entscheidende Rolle, ob und wann ich eine Grenze setzen kann.

-    Macht und Ohnmacht 

In welchem Verhältnis stehe ich zu der anderen Person, ist es mein Chef, mein Kunde oder mein Partner. Sind wir auf Augenhöhe oder gibt es Abhängigkeiten, die uns im Weg stehen.

Auswirkungen und was können wir tun. 

Wenn man über lange Sicht seine Bedürfnisse übergeht und es zulässt, dass andere Menschen die eigenen Grenzen verletzen – dann sind Krankheiten mit Sicherheit die Folge, wie im obigen Beispiel vn Walter P. Wenn man aber lernt Grenzen zu setzen, in Form von “Neins” oder “Stopps”, dann macht man neben der Steigerung des eigenen Selbstwerts auch eine andere Erfahrung: die erwarteten “sozialen Sanktionen” bleiben nicht nur aus, sondern man gewinnt an Profil und Selbstwirksamkeit.

Was kann ich tun ?

Wahrnehmen und Fühlen, vor allem einen größeren Grad an Bewusstheit erlangen. Beginnen sich zu spüren, zu beobachten, wo meine Grenzen liegen, wer diese wann und in welcher Form verletzt und wie ich diese konfrontieren kann. Vor allem in kleinen, praktischen Schritten im Alltag diesen neuen Handlungsspielraum auszuprobieren, beginnend mit kleinen “Neins”.

Wir werden dies unbedingt benötigen, wollen wir unseren eigenen Weg gehen.

Literaturliste:

Werner Sattlegger, “Die Kunst reifer Führung”, 2021

Neidhöfer/Sattlegger, “Wenn die Sehnsucht über die Angst hinauswächst” (2016)

Hans-Jochaim Maaz, “Das falsche Leben” (2019)

Donald W. Winnicott, “Reifungsprozsse und förderndes Umfeld”

Donald W. Winnicott, “There is no such thing as a baby”

Tip:

Skan Atem und Körperarbeit

Autoren:

Mag. Manuela Sattlegger, Co-founder Art of Life und Mal- und Gestaltungstherapeutin

Mag. Werner Sattlegger, Founder Art of Life, Führungskräftetrainer  

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