Mit Dummheit umgehen

Ein Verhalten, das einem selber und anderen schadet, das ist dummes Verhalten. Das will niemand, trotzdem finden viele Dummheiten statt. Wir erleben sie in der Pandemiediskussion, in der Politik, in Organisationen oder privaten Beziehungen, egal wo, sie nerven, regen auf und frustrieren. Vor allem in Führungspositionen können Dummheiten enorme Schäden anrichten, was wir tun können, um reife Führung zu entwickeln, darum geht es in diesem Beitrag.

Wenn man sich an den Begriff Dummheit heranwagt, ist man nicht davor gefeit, als Besserwisser oder „Klugscheisser“ dazustehen. Daher vorweg, auch ich handle oft dumm, unterliege Täuschungen oder Illusionen.

Was Dummheit ist

Dummheit ist nicht das Gegenteil von Bildung oder Intellektualität, sondern ist ein „menschlicher Defekt“, der sich in unserem Verhalten und Kommunikation manifestiert. Die bekannte Psychiaterin A. Kastner beschreibt in ihrem aktuellen Buch „Dummheit“, wie auch Menschen mit mehreren Universitätsabschlüssen, erfahrene Meinungsbildner oder Experten dumm handeln und sprechen können. Das Dummheit nicht mit Wissen ausgeglichen werden kann, zeigt auch die Tatsache, dass trotz digitalem Zugang zur Bildung Dummheiten sich in großem Tempo verbreiten.

Das Gegenteil von dumm ist meiner Meinung nach daher nicht intellektuell oder gebildet, sondern klug und reif. Klugheit bedeutet einen rationalen Denkvorgang zu Ende zu bringen, zu einem logischem Schluss zu kommen, der auf Fakten und Erkenntnissen beruht.

Reif bedeutet sich als Persönlichkeiten entwickeln zu wollen, sein eigenes Verhalten und Einstellungen zu hinterfragen, aus Einsichten zu lernen, selbstreflektiv zu sein, bereit sein auch schmerzhafte Erkenntnisse zu zulassen.

Im Gegensatz zur Bösartigkeit ist die Dummheit auch oft gut „versteckt oder getarnt“, man erkennt Dummheit nicht gleich, da sie oft auch akademisch, “bio-bobomäßig” oder sonst gut begründet „daher kommt“. Daher bleiben Dummheiten oft unerkannt und unsanktioniert, bis es zu spät ist und großer Schaden angerichtet wird.

Beispiel: In der aktuellen Pandemiesituation in Österreich zeigen wenige Politiker Leadership, lavieren opportunistisch herum, ramponieren damit ihre Glaubwürdigkeit und gefährden damit sogar Menschenleben.

Merkmale von Dummheit

Der Schriftsteller Charles Bukowski formulierte es so: „Das Problem ist, dass intelligente Menschen voller Zweifel sind, während die dummen voller Vertrauen sind“

Da Dummheit ohne Selbstreflexion auskommt, gibt es beim dummen Verhalten hohe Selbstzufriedenheit, die noch mit bereits bekannten Parolen gefüttert wird. Man umgibt sich dann nur mehr mit Gleichgesinnten, blendet jede Andersartigkeit aus, sogar radikalisiert und zementiert die eigene Haltung ein, was kein zurück mehr möglich macht.

Beispiel: Auf Kommunikationsebene in Unternehmen wird dies vom MIT Professor Otto Scharmer „downloaden“ genannt. Man hört nicht zu, spult im Kopf nur die bekannten Meinungen ab, das was man nicht kennt, wird aussortiert und ignoriert. Es findet nur ein Abgleich mit bereits bekannten Mustern statt, jegliche Abweichung abgewehrt, was gerade in Veränderungsprozessen fatal ist.

Egoismus und Ignoranz

Was fehlt ist Selbstreflexion, über sich, seine Meinungen, Handlungen und Worte auf einer Metaebene nachzudenken. Dummheit zeichnet sich auch durch einen ausgeprägter Egoismus aus. Es geht um „meine“ Selbstbestimmung und “meine” Freiheit, es geht um „meine“ Entscheidungswahl, die aber dort endet, wo sie andere Menschen gefährdet.

Dabei vergessen wir auch den hohen Komplexitätsgrad unseres Lebens, wir sind nicht nur alleine auf der Welt, sondern beeinflussen uns ständig in einem großen Ausmaß gegenseitig, wie wir an der Verbreitung von COVID 19 schmerzhaft erfahren haben. Komplexität erfordert daher Solidarität und in Notfällen wie einer Pandemie auch eine Abwägung und Priorisierung. Dem steht aber diametral eine andere Entwicklung entgegen, das sogenannte „Jungbullenphänomen“. Es beschreibt das Phänomen, wie Narzissmus in Führungspositionen vor allem in der jüngeren Generation enorm zugenommen hat. Junge Menschen weisen die höchsten narzisstischen Werte aller Altersgruppen auf, höher als die Generationen vor ihnen. (Ergebnis einer Umfrage vom Managermagazin im Jahr 2020 bei 2510 Führungskräfte). Sich auf Social Media gut darstellen, “likes” sammeln,  die eigene „Vanitas“ (Eitelkeit) füttern, darum geht es heue. Ich erfahre mich nur mehr durch die Anerkennung von anderen, die oberste Maxime ist Selbstoptimierung. Das Ziel ist dann eine machtvolle Position, was nur die „Hybris (Hochmut) füttert und dummes Verhalten fördert, wie die Chataffären in der österreichischen Politik zeigen.

Die Kunst reifer Führung

Die beschriebenen Phänomene von Dummheit haben vor allem dann enorme Auswirkungen, wenn sie in Führungspositionen getätigt werden. Reife Führung ist die Antwort auf Dummheit, die sich durch Entscheidungsfähigkeit, Authentizität, Glaubwürdigkeit und Verantwortung auszeichnet:

Schönwetterpolitik, den Menschen nach dem Mund zu reden oder politische Wahlen nicht mit einschränkenden Maßnahmen zu stören, das leben derzeit viele Politiker. Eine Entscheidung bedeutet immer auch ein konkretes Nein, ein Verzicht oder Verbot für eine Alternative. Das erfordert neben innerer Klarheit vor allem Mut. Wenn ich Führungskräfte egal für welche Position rekrutiere, muss ich als Unternehmen genau hinsehen, ob jemand die Fähigkeit mitbringt oder diese entwickeln kann.

Die aktuellen Geschehnisse im politischen Tagesgeschäft zeigen eine dreiste Rücksichtslosigkeit.„NLP Stehsätze“ in Form von Sprechpuppen dürfen nicht die Norm werden, ebenso wenig mit Steuergeld gekaufte Medienberichte und Umfragen. Menschen wollen nicht länger für dumm verkauft werden, sie wollen Führungskräfte, denen sie vertrauen können, wo Handlungen und Worte übereinstimmen. Aus diesem Grund müssen wir im Recruitment oft viel weniger darauf  achten, was jemand sagt, sondern was jemand tut.

  • Verantwortung und Glaubwürdigkeit:

Das mittehochdeutsche Wort „verantwürten“ bedeutete ursprünglich als Angeklagter vor Gericht zu sein und sich zu verteidigen. Verantwortung im Führungsverhalten bedeutet Stellung zu beziehen, zudem stehen was ich sage, tue und auch für dessen Konsequenzen. Wenn sich so lebe und handle, dann ernte ich Glaubwürdigkeit, ohne dies auf Social Media ständig hinaus posaunen zu müssen. Im Organisationskontext bedeutet dies klare Zuordnungen von Verantwortungen, Trennlinien von Kompetenzen und Konfrontation von Abweichungen. Viel zu oft bleibt dies „schwammig und verstrickt“, Mitarbeiterinnen oder Führungskräfte können so dummes Verhalten unsanktioniert an den Tag legen.

Meine Erfahrung ist, dass man Dummheit kaum mit Kooperation oder Dialog begegnen kann. Es erfordert enorme Geduld, Vertrauen und eine große Frustationstoleranz, wenn ich von vom dummen Verhalten anderer betroffen bin. Was ich aber tun kann ist, Dummheiten rechtzeitig zu konfrontieren und Dummheit keinen Raum zu geben. Politiker werden gewählt, Führungskräfte werden rekrutiert oder sonstige „Stars“ werden umjubelt oder gehuldigt. Wir haben sie oft zu dem gemacht, der sie heute sind, haben uns auch zu oft blenden und täuschen lassen. Wir alle tragen dafür Verantwortung, mit dem Zeigefinder hinzuweisen alleine reicht nicht.

 „Der Klügere gibt nach“ ist so ziemlich der dümmste Spruch, der uns beigebracht worden ist. Wir brauchen kritisches Denken, müssen dummes Denken konfrontieren und keinen Zentimeter gegen Dummheiten zurückweichen. Vor allem hilft auch immer ein Blick in den Spiegel, niemand ist vor eigenen Dummheiten immun, wir dürfen ständig an unserer eigenen Selbstreflexion arbeiten.

Kritisch und mutig bleiben, sich die Mühe nehmen um in die Tiefe von Fakten vorzudringen, selber seine Schlüsse ziehen, sich selber auf einer Metaebene ansehen, Feedback einholen, mutig und offen bleiben, dann kann Dummheit nicht soviel Raum bekommen.

Dann wird auch eines wieder möglich, was unsere Gesellschaft so dringend braucht – Reifung und Entwicklung.

Autor: Mag. Werner Sattlegger, Founder Art of Life

Buchempfehlung

Podcast zum Anhören

Wir freuen uns, wenn Sie den Art of Life Podcast “Die Kunst den eigenen Weg zu gehen” abonnieren und wenn Sie uns schreiben: podcast@the-art-of-life.at

 

Autor: Werner Sattlegger
Founder & CEO Art of Life

Experte für digitale Entwicklungsprozesse, wo er europäische mittelständische Familien- und Industrie-unternehmen von der Komfort- in die Lernzone bringt. Leidenschaftlich gerne verbindet er Menschen und Unternehmen, liebt die Unsicherheit und das Unbekannte, vor allem bewegt ihn die Lust am Gestalten und an Entwicklung.