Wirtschaftsbosse, Blender und Hochstapler

Blog Podcast Folge 21

Eine „Schön und Reich“ Gesellschaft, die Geld und Status liebt. Politische Systeme, wo Despoten hofiert werden und furchtbare Kriege beginnen können. Wirtschaftssysteme, die Blender fördern. Eine Social Media Welt, in der die Zahl von Instagram Follower alles ist. Das ist zwar ein wenig überzeichnet, aber im Grunde die Welt in der wir heute leben. Mit ganz eigenen Mechanismen, wo Opportunismus, Anbiedertum oder Täuschen und Blenden Alltag ist. Was das mit uns Menschen macht, darum geht es im heutigen Podcast mit Manuela und Werner Sattlegger.

„Inventing Anna“

Wir reden von einer jungen Russin namens Anna Sorokin, die in Kindesjahren mit Ihren Eltern nach Deutschland kommt, um nach der Schule ein Praktikum in der Modebranche Erfahrungen zu sammeln. Sie lernt die „Glitzer und Glamour” Welt kennen, bekommt Lust auf mehr, geht nach Paris und zieht danach unter dem Namen Anna Delvy nach New York. Dort taucht sie sehr schnell in die High Society ein, ändert ihren Namen, gibt sich als reiche deutsche Erbin aus und bekommt Zugang zu interessanten Leuten mit viel Geld. Schnell lernt sie sich nicht nur auf diesem Bankett zu bewegen, sondern auch auf den richtigen Tasten bei den einflussreichen Leute zu drücken, um an viel Geld zu kommen. Sie täuscht und lügt, quartiert sich in Luxushotels ein, meistens ohne zu bezahlen oder benutzt die Kreditkarte von anderen Menschen.

Sie wird verhaftet, angeklagt und zu 4 Jahren Haft verurteilt, weil sie Hotels, Privatjetfirmen oder Restaurants betrogen hat.

Der Betrug ging über viele Jahre, sie täuschte viele sehr vermögende und einflussreiche Leute aus traditionellen Branchen wie Mode oder Kunst. Ist so ein Betrug aber auch in einer hippen Start Up Kultur möglich, wo “aufgeräumte” und eloquente Unternehmer mit Innovationen die Welt verändern möchten ? Dafür schauen wir uns an der Westküste im Silicon Valley, werden bei Elizabeth Holmes und dem Unternehmen Theranos fündig.

„Das Theranos Märchen“

Als 19-Jährige Stanford Studentin gründete Elizabeth Holmes im Jahr 2003 ihr Unternehmen Theranos mit dem Versprechen, Bluttests einfacher, schneller und günstiger zu machen. Ein Jahr später brach Holmes ihr Studium ab, mit 31 Jahren war sie eine gefeierte Jungunternehmerin, Theranos hatte einen Marktwert von 9 Mrd. Dollar, Holmes war damit die jüngste Selfmade-Milliardärin der USA.

Dem steten Flug nach oben folgte im Jahr 2015 ein jeher Absturz. Unter Mithilfe von Whistleblowern wurde ein riesiger Schwindel aufgedeckt, Investoren, Kunden und Journalisten wurden über Jahre angelogen. Die Bluttests konnten nicht die Tests, die sie versprachen, Elisabeth Holmes wurde angeklagt und Anfang Jänner 2022 in 4 Anklagepunkten schuldig gesprochen. Im September wird das Urteil verkündet, ihr droht jahrzehntelange Haft.

Eine fast noch perfidere Form von Täuschung und Betrug war der Fall des Billy McFarland mit dem sogenannten “Fyre Festival”. Es zeigt, wie man alleine mit der Macht von Influencern und Social Media Posts Menschen täuschen und von Investoren über 30 Millionen Dollar einsammeln kann.

„Fyre Festival” - die größte Party, die nie stattfand

McFarland stammt aus der New Yorker Start Ups Szene und hatte eine App entwickelt, um das Buchen von Celebrities für jedermann möglich zu machen. Um die App zu bewerben plante er das ultimative Musikfestivals für Millenials auf den Bahamas. Mit den bekanntesten Models wurden atemberaubende Promotion Videos gedreht, Influencer fluteten Social Media und es wurde „all in“ auf Social Media Marketing gesetzt. Mit dem Ergebnis, dass über 6000 Karten mit einem Mindestpreis von 1000 Dollar innerhalb von 48 Stunden verkauft wurden. Das Problem war aber, dass alles ein Fake war. Es gab weder die angekündigten Traumvillen, noch die Bands, noch das Luxuscatering, von Musikern oder Bands war weit und breit nichts zu sehen. Das Festival endete im Frühjahr 2017 noch am ersten Tag in einem völligem Desaster und musste abgebrochen werden.

Dabei täuschte Billy McFarland Kunden ebenso wie Mitarbeiterinnen, bezahlte Lieferanten keine Rechnungen, belog Investoren, Arbeiter auf den Bahamas warten bis heute auf Ihre Geld. Er wurde zu 6 Jahren Haft verurteil, sitzt seit 2018 im Gefängnis, plant aber schon seine nächsten Unternehmen.

3 Geschichten, immer die gleichen Lehren.

Merkmale von Hochstapler

Hochstapler blenden, lügen und täuschen, sind extrem charmant sind und schaffen es, andere Menschen für ihre Visionen zu begeistern. Das Ergebnis ist ein emotionaler und ökonomischer Flurschaden.

Hochstapler zeichnet aus:

  • Charme und Visionen: Alle genannten Hauptdarsteller zeichnet eine einzigartige Charme und Ausstrahlung aus, sie können Menschen für sich gewinnen und überzeugen. Sie sind einnehmend, charmant und hatten eine Vision, die sie anderen glaubhaft vermitteln konnten.

  • Chronisches Lügen: Alle zeichnet ein chronisches Lügen in einer Konsequenz und Skrupellosigkeit aus, die gerade aufrichtige Menschen nicht aus den Staunen lässt. Hochstapler lügen, wie andere Kuchen essen, würden daher jeden Lügentest bestehen.

  • Kein Gewissen und Reue: Wir alle wollen oft mehr sein als wir sind und nehmen dafür auch Übertreibungen in Kauf. Aber der Unterschied zum Hochstapler ist die mangelnde Reue, die alle Hochstapler auszeichnet, sie scheinen kein Gewissen zu haben und können sich für nichts entschuldigen. Sie übernehmen weder Verantwortung, noch können sie die Realität anerkennen, Schuld sind immer die anderen.

  • Manipulation: Die Königsdisziplin von Hochstaplern in den beschriebenen Fällen ist sicherlich die Kunst der Manipulation. Immer zu wissen auf welchen Knöpfen muss ich beim anderen drücken, wie kann ich den anderen dazu bringen das zu tun, was ich will. Die perfideste Form ist das sogenannte Gaslighting, das sie bis zur Perfektion beherrschen.

All diese Eigenschaften kennen wir von Psychopathen, die gerade in Spitzenpositionen in Organisationen dreimal häufiger vorkommen. Wir stellen hier keine Ferndiagnosen, was wir aber wollen ist auch die Seite der Betroffenen ansehen.

Warum kommen Hochstapler so lange durch ?

  • Wir konnten diese so leichtgläubig sein, warum ließen sich TOP Manager täuschen und welche Mechanismen greifen hier ?

  • Wie kann es sein, dass unsere Systeme Hochstapler zulassen und diese lange durchkommen ?

Wir hofieren und umgarnen Blender, wir biedern uns oft an, egal ob in der Politik oder Wirtschaft. Aber nicht nur das, wir unterstützen und bejubeln sie. Wir bewundern dieses selbstbewusste Auftreten, den Charme und die Vision, die vermittelt wird. Es scheint fast so, als ob wir getäuscht werden wollen, weil Blender vielleicht unser eigenes ungelebtes Leben spiegeln ?

Oft ist es aber auch einfach die Gier der Betroffenen, die es Hochstaplern heute leicht machen. Niemand will den Futtertrog verpassen, alle wollen im nächsten “Rocket Ship” sitzen und beim nächsten “Big Deal” dabei sind. Alle, die Banker, die Anwälte oder Investoren wollten bei der “Anna Delvy Foundation” dabei sein, damit ja nicht der Konkurrent den Deal wegschnappt.

Und es fehlt vor allem an kritischer Vernunft, den Dinge auf den Grund zu gehen, zu konfrontieren und Fragen zu stellen. Wir leben in einer Spaßgesellschaft, wo Schein wichtiger ist und niemand in den Tiefe gehen möchte. Da wir das so selten tun, haben nicht nur Hochstapler Hochsaison, sondern vor allem auch Populisten, Despoten oder Schwurbler.

“Fake it till you make it”, das kann oft seine Richtigkeit haben. Wenn Neues in die Welt kommt, müssen wir Prototypen bauen, brauchen eine Vision und Charisma. Aber chronisches lügen, täuschen und blenden richtet emotionalem und monetären Flurschaden an, vor allem zerstört es das wichtigste Gut unseres Miteinanders: Vertrauen !

Jetzt ist eine gute Zeit, dieses Vertrauen wieder zu leben und Hochstaplern keinen Raum zu geben.

Autoren: Manuela und Werner Sattlegger, Founders der Art of Life

Buchtipp:

Werner Sattlegger, “Die Kunst reifer Führung”

Manfred Kets de Vries: “Führer, Narren und Hochstapler”

Podcast zum Anhören

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Autor: Werner Sattlegger
Founder & CEO Art of Life

Experte für digitale Entwicklungsprozesse, wo er europäische mittelständische Familien- und Industrie-unternehmen von der Komfort- in die Lernzone bringt. Leidenschaftlich gerne verbindet er Menschen und Unternehmen, liebt die Unsicherheit und das Unbekannte, vor allem bewegt ihn die Lust am Gestalten und an Entwicklung.