Selfdriving Trucks - wie Disruptionen den Transport transformieren

Selfdriving Trucks

Explodierende Rohstoffpreise, Materialengpässe, ineffiziente Lieferketten oder die Suezkanal-Blockade, egal wo und warum, Logistik und Transport sind das neuralgische Herzstück jedes Produktionsunternehmens. Die aktuellen Entwicklungen haben uns dies klar vor Augen geführt, sind aber nur der vorläufige Höhepunkt eines grundlegenden und radikalen Wandels, der gerade im Transportwesen stattfindet. 

Bei unseren Silicon Valley Lernreisen erleben wir immer wieder die „Zukunft“, technologische und disruptive Lösungen, die gesamte Branchen transformieren. Eines dieser Zukunftsszenarien sind selbstfahrende Trucks, die den Transport günstiger, effizienter und sicherer machen. Bei unserer Lernreise haben wir das Unternehmen „Kodiak Robotics“ kennengelernt, das gerade mit einer spannende Lösung die Geschichte des Transports neu schreibt. 

Was sind die Herausforderungen im Transport?

Nicht nur Fachkräfte sucht das Land, sondern auch händeringend Fahrer, Trucks können oft nicht bewegt werden, was ineffizient ist und Zeit kostet. 

So werden alleine in Deutschland bis Ende des Jahrzehnts nach Expertenschätzung allein rund 185.000 MitarbeiterInnen im Transportwesen fehlen. Das macht Frachtfuhren mit dem LKW teuer, nicht zu sprechen von den hohen Unfallgefahren. Fahrer müssen tausende Kilometer hinter sich bringen, auch wenn gesetzlich vorgeschriebene Pausen Unfallrisiken verhindern sollen. Und das Gestalten der Routen, die Planung von effizienten Wegen, energieschonend und intelligent, das gelingt auch noch viel zu selten. 

Selbstfahrende Trucks als Lösung

Selbstfahrende Trucks sind die Zukunft, was auch an aktuellen Übernahmen oder Investitionen von großen Truckherstellern ersichtlich ist. Sogar der Techgigant Amazon stürzt sich auf dieses Thema, dessen Umsetzung schon teilweise geschieht und der flächendeckende Einsatz nur mehr eine Frage der Zeit ist. Laut einer PWC Studie werden autonom fahrende Lkw ab 2030 bereits 78 Prozent der Zeit unterwegs sein können – weil Ruhepausen für Fahrer entfallen und Leerlaufzeiten durch den Einsatz von Algorithmen sinken. Das bedeutet erhebliche Effizienzsteigerungen von 41 bis zu 60 Prozent über die Logistik-Wertschöpfungskette hinweg.

Beispiel Kodiak Robotics

Das Unternehmen Kodiak wurde von einer Gruppe von Topexperten aus der „Selbstfahrerbranche“ im Silicon Valley  (auch Österreicher sind im Führungsteam) gegründet, die sich zum Ziel gesetzt haben, die größten Herausforderungen der Lkw-Branche zu lösen. Das Team von Kodiak ist davon überzeugt, dass der Lkw-Verkehr auf Langstrecken die erste weit verbreitete Einführung der selbstfahrenden Technologie erleben wird. Dadurch werden letztendlich Leben gerettet, Kosten und Emissionen reduziert, Auslastung der Trucks maximiert und Effizienz des Transports gesteigert, sowie die Lebensqualität der Lkw-Fahrer verbessert. Das Unternehmen mit Sitz in Mountain View agiert seit 2019 als Frächter für Handels/Industrie-Unternehmen mit hohem Transportaufkommen, wird in Zukunft aber die Technologie als Service Modell, abgerechnet pro gefahrene Meile, an Spediteure und Betreiber von großen Truck-Flotten anbieten.

Wie die Praxis heute aussieht

Der selbstfahrende Truck klingt in Europa noch utopisch, aber in den USA ist dies schon gelebte Praxis, wenn auch noch nicht vollständig fahrerlos. Stand heute darf in ca. 1/3 aller US Staaten komplett fahrerlos gefahren werden. Gelebte Praxis ist aber, dass der selbstfahrende Teil nur auf Highways stattfindet und die Strecke vom DC/Manufacturer zum Highway noch vom  sogenannten "Safety Driver" - sprich Fahrer – durchgeführt wird, der ja ohnehin noch an Board sein muss. Der Fahrer bleibt derzeit noch als Backup in der Kabine und kann jederzeit eingreifen. Sicherheit ist alleroberste Priorität, die Technologie muss vollständig validiert und sicherer sein wie der durchschnittliche manuelle Fahrer, bevor der Truck fahrerlos betrieben wird.

In Zukunft wird der selbstfahrende Lastwagen vor allem auf dem Highway bei Höchstgeschwindigkeit eingesetzt, so werden die Ineffizienzen der first/last mile und des Ladens nicht auf den selbstfahrenden LKW weitergegeben. 

Vorteile von selbstfahrenden Trucks 

Auf Grund des Fahrermangels werden die Kosten für Fahrer in den nächsten Jahren extrem steigen. Der Fahreranteil der Kosten liegt in den USA derzeit bei ca. 45%, hochgerechnet auf die gesamten Frachtkosten und unter Berücksichtigung der zusätzlichen Vorteile ermöglicht der Einsatz von fahrerlosen Trucks eine Reduktion der gesamten Frachtkosten von 15 bis 30%.

Der mit dem Kodiak Driver (= Kodiak’s Technologie-Paket bestehend aus Hardware und Software) ausgestattete selbst-fahrende Truck fährt nie über dem Speed Limit und höchst effizient und sicher. Topographie wird ebenso wie andere aufkommende Szenarien sehr früh berücksichtigt und dadurch automatisch das Beschleunigungs- und Bremsprofil angepasst. Die intelligente technologische Lösung beobachtet vorausschauend den Verkehr, und passt das Tempo permanent an, um verlässlich und zur richtigen Zeit an der Destination anzukommen. Zusätzliche Einsparungen durch Reduktion von Unfällen und damit verbundenen Kosten wie Reparaturen, etc. ergänzen den Katalog von Vorteilen. 

Weiters ermöglicht die Technologie den Spediteuren auch eine Steigerung des Umsatzes, zumal deren Wachstum aufgrund des steigenden Fahrermangels stark begrenzt ist. 

In naher Zukunft wird die Technologie von Kodiak Robotics an Spediteure und Betreiber von großen LKW-Flotten verkauft werdenderen Trucks mit der Hardware und Software von Kodiak Robotics ausgerüstet werden. Langfristig werden die Trucks dann mit der richtigen Hardware vom Band laufen, Kodiak spielt nur noch die Software rauf. 

Ausblick

Logistik und Transport werden sich in den nächsten Jahren grundlegend und radikal verändern, mit neuen Geschäftsmodellen und Technologien. Das Beispiel Kodiak Robotics verdeutlicht sehr gut, wie weit die Technologien schon fortgeschritten sind. Daher ist es nicht eine Frage ob, sondern wann diese Entwicklungen zu uns kommen. Vor allem weil sie sehr existentielle Probleme wie Fahrermangel, Transport-Ineffizienzen, hohe Kosten oder Unfallrisiken lösen. Auch in Europa beschäftigen sich alle großen Truckhersteller intensiv mit dieser Thematik, im Wissen über die anstehenden Disruptionen. 

Grund genug, sich als mittelständisches Unternehmen mit diesen Themen zu beschäftigen. 

Autoren:

Michael Wiesinger, Product & Commercialization Lead at Kodiak Robotics, Mountain View, miw@kodiak.ai, +1 (415) 610-2516

Werner Sattlegger, Founder Art of Life

TIP: Silicon Valley Learning Journey’s

 

Autor: Werner Sattlegger
Founder & CEO Art of Life

Experte für digitale Entwicklungsprozesse, wo er europäische mittelständische Familien- und Industrie-unternehmen von der Komfort- in die Lernzone bringt. Leidenschaftlich gerne verbindet er Menschen und Unternehmen, liebt die Unsicherheit und das Unbekannte, vor allem bewegt ihn die Lust am Gestalten und an Entwicklung.