Auf der Spur des eigenen Selbstwertes

Low self-esteem is like driving through life
with your hand-brake on”
(
Maxwell Maltz)

In Zeiten aktueller Umbrüche warten gewaltige Herausforderungen auf uns alle: Klimakrise, gesellschaftliche Spaltungen, Digitalisierungsschübe durch Künstliche Intelligenz oder völlig neue Formen von Arbeit und Organisationen. Wir werden diese nicht mit den Lösungen von Gestern bewältigen, sondern müssen dafür neue Wege gehen, dafür braucht es Mut, Offenheit und Risikobereitschaft. Das geht nur ohne der Handbremse eines geringen Selbstwertes, der unsere Potentialenfaltung blockiert. Darüber sprechen wir mit großer Freude in der Episode 7 unserer Podcast Serie „Die Kunst den eigenen Weg zu gehen“.

In Selbsthilfebüchern werden küchenpsychologische Patentlösungen für mehr Selbstbewusstsein angeboten, Selbstoptimierung im Schnelldurchgang, um besser und erfolgreicher zu werden. Der eigene Selbstwert ist zwar nicht statisch und daher entwickelbar, aber es braucht Geduld, Tiefgang, Mut und Offenheit. Alles beginnt mit Akzeptanz und Bewusstwerdung des eigenen Selbstwertes, in Form eines liebevollen Umgang mit sich selbst. 

Wenn man sich auf der Spur des eigenen Selbstwertes begibt, ist es notwendig den aktuellen eigenen Selbstwert kennenzulernen. Dafür braucht es nicht unbedingt eine Psychoanalyse, denn Selbsterkenntnis beginnt dort wo Leben stattfindet – im Hier und Jetzt. Wir möchten Ihnen eine paar Hinweise geben, die einen Indikatoren für geringen Selbstwert sind.

Was deutet auf geringen Selbstwert hin?

  • Beleidigt sein und mimosenhafte Gekränktheit

Es gibt Menschen, die sich ständig kränken und dadurch „beleidigt“ sind. Was sich durch Handlungen wie Kontaktbruch in Form des “Ghostings” oder sonstige soziale Isolationen zeigen kann. Farben und die Möglichkeiten dafür sind unendlich, jeder kennt solche Phänomene in unterschiedlicher Intensität.

  • Schuld und Scham

Solche Phasen der Kränkung zeigen ein weiteres Phänomen, dass der Schuld und Scham. In einer Phase der Gekränktheit geht es dann vor allem darum, dass andere Schuld sind, was immer eine Sackgasse ist. Der andere Mensch kann nie für die eigenen Gefühle verantwortlich gemacht werden, da der andere maximal der Auslöser von alten seelischen Wunden sein kann.  

  • Ständiges Vergleichen mit anderen

Gerade das „Instagram Zeitalterder Ich-Maximierung und Selbstdarstellung sind nahezu klassische Einfallstore für eine weitere Sackgasse, dem des Vergleichs. Immer wird es jemanden geben, der besser ist – was nur ein Zeichen des eigenen Gefühls des Mangels und nicht ein Gefühl der Fülle ist. 

  • „Es darf einen nicht gut gehen“ Syndrom

Dieses Phänomen ist gerade in unserer westlich klerikal geprägten Kultur weit verbreitet – im anglosächsischen Raum als „Impostersyndrom“ bekannt. Wenn man Dinge auf den Weg bringt, dann hat man das Gefühl eines Hochstaplers, mit einer Angst “ertappt zu werden”, dass man es eigentlich schlecht macht oder nicht den Erwartungen entspricht. Oft tritt es noch mit einem anderen Phänomen auf, dem dass ich es gar nicht verdient habe. “Ich muss zuerst hart arbeiten, dann gönne ich mir was”. Wenn es mir gut geht, muss es mir bald einmal schlecht gehen, die nächste Strafe lauert schon hinter der nächsten Ecke. Beispiel Lottomillionäre – die gewonnenen Millionen zerrinnen oft in kurzer Zeit, wenn es dafür im Innen eines Menschen keine Entsprechung dieses Wertes gibt. 

  • Perfektionismus und Harmoniesucht

Beide Phänomene müssen nicht gleichzeitig auftreten, aber sie haben eines gemeinsam: sie sind ganz sichere Indikatoren für einen geringen Selbstwert. 

Beim Perfektionismus versucht man alles zu kontrollieren, um ja keine Fehler zu machen, da man Angst vor Zurückweisung und Kritik hat. 

In der Harmoniesucht bleibt man geschmeidig, weil man nicht anecken möchte, handelt angepasst, um keinen Widerspruch oder Kritik zu ernten. 

  • „Jungbullenphänomen“ 

Einer Aktuelle Umfrage im Harvard Business  Manager folgend hat im letzten Jahr die Anzahl der Narzissten dramatisch zugenommen. Vor allem bei jungen Männern, was auch als „Jungbrunnenphänomen“ genannt wird . Hohe Erwartungen, Anerkennungssucht, Prahlerei und Selbstdarstellung in Führungsetagen verursachen alleine in Deutschland 42 Milliarden Schaden. Die überbordende Selbstdarstellung mit Prestigesymbolen ist oft ja nichts anderes wie ein Zeichen für einen geringen Selbstwert.

  • Kritikunfähigkeit

New Work braucht Feedback, Rückmeldung, denn dadurch wird erst Lernen und Entwicklung möglich. Wenn in Organisationen durch „Nichtangriffspakte“ oder anderen sozialen Verträge nicht offen und ehrlich kommuniziert wird, dann verhindert dies die notwendige radikale Transparenz, wie es erfolgreiche Unternehmen wie z.B. Netflix leben. 

  •  „Opfer und Nehmerhaltung“ 

Wenn ich versuche mehr aus Systemen herauszunehmen als ich beitrage, indem z.B. ich dauernd Krankenstände „schinde“, Förderungen abgrase oder dauernd auf Kur gehen, gleichzeitig immer Sündenböcke parat habe, dann brauche ich für mein Tun keine Verantwortung übernehmen. Ich kann dann auch nicht kritisiert werden oder etwas falsch machen, denn es sind „eh immer die anderen Schuld“. 

Glaubenssätze und Introjekte

Alles beginnt und endet mit dem eigenen Selbstwert, der nicht statisch ist sondern entwickelt werden kann. Dabei ist Selbsterkenntnis, gepaart mit Mut und Offenheit der erste wichtige Schritt zu einer Transformation. Diese kann nur gelingen, wenn die Qualität des eigenen Selbstwert in das Bewusstsein kommt und erkannt wird, welch neurotischen Vermeidungsstrategien das eigene Leben unbewusst steuern.

Dazu braucht es keine Psychoanalyse sondern es reichen wahrnehmen, beobachten und fühlen, der eigenen Grundannahmen, die unser Leben steuern.  

Es sind unsere Glaubenssätze oder Introjekte, die in ersten Lebensjahren entstehen. Sie sitzen tief, sind meist unbewusst und werden im täglichen Leben verdrängt. Dadurch gleicht das Leben oft einem Autopilot, man erlebt immer wieder die gleichen Dramen, mit den gleichen Verletzungen und dysfunktionalen Reaktionen.

Was sind meine Grundannahmen in Bezug  auf Beziehungen, auf die Arbeit, auf das Leben oder den Wohlstand, das ist die Spur des Selbstwertes. Diese sind bei jedem Menschen anders, verschieden tief, aber sicherlich vorhanden. Beispiele dafür könnten sein:

  • Über das Leben:

Du bist nicht gut genug, du musst dauernd dieses oder jenes tun.“

„Es darf dir nicht gut gehen, dein Licht darf nicht leuchten.“

„Das Leben ist Mangel und nicht Fülle.“

  •  Über die Arbeit:

„Du hast es falsch gemacht, du hättest was anderes tun sollen.“

„Das tut man nicht, du solltest anderes tun.“

Ich muss nun schon wieder dies oder jenes tun.“

  •  Über Beziehungen:

Die anderen Menschen haben Macht über mich und ich muss daher schauen, dass ich die anderen beherrsche.“

„Ich darf niemanden Vertrauen, da ich in den ersten Jahren des Lebens nur enttäuscht wurde.“

„Ich werde immer von den anderen zurückgewiesen.“

Dem Selbstwert auf der Spur

Reinfühlen und Wahrnehmen, Masken fallen zu lassen, was schmerzvoll sein kann, aber unvermeidlich ist. Schmerz plus Reflektion ist der direkte Weg zu persönlicher Entwicklung, daher unser dringender Rat: schreiben Sie ihre Grundannahmen über Ihr Leben einfach mal auf, niemand muss es lesen – daher seien Sie ehrlich zu sich, belügen Sie sich nicht, denn wir können Ihnen auch eines versichern: Sie sind nicht alleine, jeder von uns in der westlichen Zivilisation trägt seelische Wunden mit sich, in unterschiedlicher Ausprägung und Intensität. 

Diese haben eines gemeinsam, sie bremsen unsere Entwicklung, spielen für unsere Potentialentfaltung Handbremse mit dem Gefühl, nicht vom Fleck zu kommen. Aber das haben wir nicht nur nicht verdient, sondern wir sehen es als unsere Verpflichtung an, diesen Selbstwert zu entwickeln. 

Wenn wir uns auf diesem Weg begeben, dann machen wir dabei noch eine ganz andere Erfahrung: die Beglückung und Freude ganz zu werden. 

Podcast zum Anhören

Wir freuen uns, wenn Sie den Art of Life Podcast “Die Kunst den eigenen Weg zu gehen” abonnieren, wenn er Ihnen gefällt.