Mut zum Handeln

Oft finden sich Führungskräfte in einem Dilemma wieder, sie wollen aber können nicht, der eigene Handlungsspielraum wird als sehr eingeschränkt wahrgenommen und viele fühlen sich daher in der Falle, sie stecken fest, ohne einer Perspektive sich weiterzuentwickeln.

Dass dies aber in vielen Fällen nicht so ist und viele Führungskräfte oft viel mehr Handlungsoptionen haben, darum geht es in dieser aktuellen Podcastepisode mit Manuela und Werner Sattlegger.

Was sind aktuell die größten Herausforderungen ?

  • Arbeitskräftemangel: Laut einer Umfrage des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) aus dem Jahr 2021 hatten rund 61 Prozent der befragten Unternehmen Schwierigkeiten, offene Stellen zu besetzen.

    • Führungskräfte müssen nun alles tun, um MitarbeiterInnen zu behalten.

  • Demografischer Wandel: In Deutschland beispielsweise steigt der Anteil der älteren Arbeitnehmer stetig an. Laut Statistischem Bundesamt waren im Jahr 2020 bereits 28,2 Prozent der Erwerbstätigen 50 Jahre oder älter, im Jahr 2050 werden 12 Millionen ArbeitnehmerInnen fehlen, was für viele Unternehmen existentiell ist, sogar gesellschaftlich zu sozialen Unruhen sorgen kann. Führungskräfte müssen BewerberInnen begeistern, wollen sie diese für das Unternehmen gewinnen.

  • Fluktuation: Die Überlegung, das Unternehmen zu verlassen, betrifft eine erhebliche Anzahl von Mitarbeitern. Laut einer Studie von Gallup aus dem Jahr 2021 dachten 41 Prozent der Arbeitnehmer in den USA darüber nach, ihren Job zu wechseln.

    • Führungskräfte müssen MitarbeiterInnen etwas bieten, wollen sie nicht zu einem anderen Unternehmen gehen.

  • Investitionen in Künstliche Intelligenz: Eine Untersuchung von PwC aus dem Jahr 2021 ergab, dass weltweit 80 Prozent der befragten CEOs angaben, in den nächsten drei Jahren in Künstliche Intelligenz investieren zu wollen.

    KI wird neue Geschäftsmodelle und Abläufe bringen, was große Veränderungen im Unternehmen bedeuten, für diese müssen die MitarbeiterInnen gewonnen werden.

    Daher ist kein Wunder, dass Führungskräfte aus dem Mittelmanagement sich oft überfordert fühlen und wenig Handlungsspielraum wahrnehmen. (Eine Studie von McKinsey aus dem Jahr 2020 ergab, dass 45 Prozent der mittleren Management überfordert fühlen)

    In vielen Unternehmen kommt trotz der dringenden Notwendigkeit von Veränderung immer wieder vor, dass Mitarbeiter mit langjähriger Betriebszugehörigkeit und Privilegien sich gegen Veränderungen sträuben, die Unternehmenskultur infrage stellen, sogar gegen das Unternehmen arbeiten. Das stellt Führungskräfte dann vor große Herausforderungen und einem Dilemma, das möchten wir gerne anhand dieses Beispiels verdeutlichen:

    Fallbeispiel:

    Wir werfen unseren Blick auf die Situation eines Abteilungsleiters in einem mittelständischen Familienunternehmen (Anlagenbauer) mit über 70 Jahren Geschichte und mehr als 800 MA, weltweit tätig und sehr erfolgreich. Tradition und Kontinuität sind hier Gesetz, aber treffen auf die Notwendigkeit von Innovationen im Bereich Künstlicher Intelligenz.

    Auftragslage ist sehr gut und die besprochene Abteilung ist für das Unternehmen sehr neuralgisch, da es für die technologische Entwicklung zuständig ist. Der Abteilungsleiter ist 35 Jahre jung, ist neu in dieser Position und war davor viele Jahre in Start-ups im Silicon Valley und in Paris. Ist sehr moderne Innovationskulturen, flache Hierarchien und hohes Engagement gewöhnt.

    Er steht nun vor der Herausforderung, mit zwei solche MitarbeiterInnen umzugehen. Herr Doppelmayer und Herr Guntram, beide kurz vor dem Rentenalter und mit über 35 Jahren Erfahrung im Unternehmen, haben stellen sich gegen die Ideen und Veränderungen des neuen Abteilungsleiters. Sie arbeiten auch regelrecht gegen das Unternehmen, sabotieren Innovationen und vergiften die Unternehmenskultur. Herr Doppelmayer scheint persönliche Bindungen zur Eigentümerfamilie zu haben, während Herr Guntram sein wertvolles Fachwissen bewahren möchte.

    Was kann jetzt die junge Führungskraft tun?

    Grundsätzlich gibt es dafür keine einfachen Lösungen oder Patentrezepte, aber jede Führungskraft sollte sich folgende Fragen stellen, will sie eine neue Position als Führungskraft ausüben;

  • Wie will ich als Führungskraft arbeiten?

  • Entspricht die Position meinen Leidenschaften und Eignungen?

  • Wo gibt es in der Abteilung “faule Äpfel”?

  • Wie ist mein Handlungsspielraum?

  • Wie sind meine Ressourcen?

  • Habe ich Personalhoheit?

  • Habe ich Entscheidungskompetenz?

    Wenn Führungskräfte in einem Dilemma stecken so wie im vorliegenden Fall, dann ist es ratsam ein sogenanntes Soziogramm zu zeichnen, um zu klären, wie sich die verschiedenen Verbindungen in meinem beruflichen sozialen Umfeld ist. Es ist eine grafische Darstellung von Beziehungen zwischen Individuen innerhalb einer sozialen Gruppe oder Gemeinschaft. Linien und Pfeile stellen die Beziehungen zwischen den Personen dar, wie Freundschaften, Kooperationen, Konflikte oder Hierarchien.

Daraus wird sichtbar:

  • Wo sind meine Verbündeten?

  • Wo sind Mitläufer?

  • Wo sind die Saboteure?

Daraus ergibt sich, mit wem muss ich wann wie reden:

  • Wen muss ich überzeugen?

  • Wenn muss ich konfrontieren, wo muss ich Grenzen setzen?

  • Wo muss ich nur die Richtung vorgeben?

  • Und ich erkenne, mit wem muss ich schwierige Gespräche führen.

    Wenn MitarbeiterInnen bewusst gegen das Unternehmen arbeiten, wie im Fall von Herrn Doppelmayer, müssen die Handlungen klar konfrontiert, klare Grenzen und Konsequenzen festgelegt werden.

    Und dann gibt es noch die Seite der Organisation und Struktur:

  • Welche Struktur braucht meine Abteilung?

  • Welche Hierarchie braucht es?

  • Wie kann ich meine Entscheidungskompetenzen klären?

MUtig sein

Vor allem im Mittelmanagement haben Führungskräfte oft das Gefühl festzustecken, keinen Handlungsspielraum zu haben und nicht weiterzukommen. Das ist in vielen Bereichen auch richtig so, aber unsere Erfahrungen zeigen, dass wir oft viel mehr Optionen haben, als wir annehmen. Dafür braucht es aber eine Eigenschaft, die wir viel zu selten einsetzen: Mut!

Mut bedeutet nicht Angstfreiheit oder Abenteuerertum, sondern einfach Dinge tun, auch wenn sie unbequem, unsicher und riskant sind. Wir alle gehen oft viel zu wenig Risiken ein, weil wir Angst vor Konflikten oder Widerspruch, oder weil wir den Ausgang nicht kontrollieren können. Im beschriebenen Fall braucht die Führungskraft Mut, um Saboteure zu konfrontieren und im gegebenen Fall vielleicht auch zu kündigen. Die Führungskraft braucht Mut, um unbequeme Veränderungen in der Organisationsstruktur vorzunehmen. Und sie braucht Mut, um ganz ehrlich sich zu fragen, ob sie da auch am richtigen Platz ist und wenn notwendig, auch das Unternehmen zu verlassen – denn am Ende des Tages liegt die Entscheidung immer bei einem selber.

WIR FÜRCHTEN UNS ZU TODE

Mut ist wie ein Muskel, denn wir trainieren können, jeden Tag können wir kleine zwischenmenschliche Risiken eingehen. Wir können etwas sagen, was wir davor noch nie gesagt haben - oder wir können etwas tun, was wir davor noch nie gemacht haben . Wir können Dinge tun, die vielleicht Widerspruch oder Ablehnung nach sich ziehen, aber nur so können wir etwas verändern. Nur so können wir uns und andere sich weiterentwickeln.

Und oft sagen wir, dass wir uns zu Tode fürchten. Denn nachdem man etwas riskiert hat, bleibt eine Erfahrung oft übrig - das was passiert, ist viel weniger schlimm als wir befürchtet haben.

Autor: Werner Sattlegger, Founder Art of Life

Veranstaltungstip: Nächste Lernreise ins Silion Valley, 04. Juni - 07. Juni, 2024.

Quellen:

Literatur:

Werner Sattlegger: “Die Kunst reifer Führung”, 2022

Podcast Folge #32: Mut zum Handeln:

 

Autor: Werner Sattlegger
Founder & CEO Art of Life

Experte für digitale Entwicklungsprozesse, wo er europäische mittelständische Familien- und Industrie-unternehmen von der Komfort- in die Lernzone bringt. Leidenschaftlich gerne verbindet er Menschen und Unternehmen, liebt die Unsicherheit und das Unbekannte, vor allem bewegt ihn die Lust am Gestalten und an Entwicklung.