Erfolgreicher Umgang mit Widerstand in Veränderungsprozessen

Ohne Widerstand keine Veränderung

Gerade am Beginn eines neuen Jahrzehnts mit steigendem Automatisierungsdruck Richtung Künstlicher Intelligenz nimmt die Geschäftigkeit in vielen Unternehmen zu. Da und dort ein neues Innovationsprojekt oder die Einführung agiler Organisation sollen es richten, viele dieser Vorhaben scheitern aber kläglich, weil auf das Wichtigste oft vergessen wird: den Menschen mit seinen Ängsten und Unsicherheiten die sich gerade in Zeiten der Veränderung zeigen.

  • Evolutionsbiologisch neigt der Mensch dazu, das Gewohnte dem Unbekannten vorzuziehen und in festgefahrenen Bahnen zu verharren. Die klassische Reaktion darauf ist der Widerstand - welche Erscheinungsformen es dabei gibt und was Führungskräfte konkret tun können, darum geht es in diesem Beitrag.

Wo Widerstände auftauchen

Gerade in digitalen Veränderungsprozessen zeigt sich, wie Widerstände erfolgsversprechende Vorhaben behindern und verhindern können, wenn sie nicht adressiert werden (80% aller Veränderungsprozesse scheitern überhaupt auf Grund von Widerständen). Oberflächliches Pseudomanagement ist dabei zu wenig, will man mit diesen Widerständen arbeiten und damit Veränderungen in Organisationen erfolgreich umsetzen. Dabei reichen Methoden oder Konzepte nicht, sondern gefragt sind Führungskräfte mit der Fähigkeit Widerstände wahrzunehmen, auf einer Beziehungsebene ehrlich damit umzugehen, Konflikte auszutragen und "dran zu bleiben".

Dazu ist es einmal notwendig wahrzunehmen, welche Formen von Widerstand es geben kann.

Offener oder verdeckter Widerstand in Unternehmen

  • Offener Widerstand: 

Personen legen es bewusst darauf an, dass ihr Widerstand als solcher wahrgenommen und ihnen auch zugeordnet werden kann. Sie kommunizieren dies klar und offen, verfolgen damit ein bestimmtes Ziel. Dieser offene Widerstand hat den Vorteil, dass er Gegenstand von Verhandlungen und Bearbeitungen sein kann, die Karten liegen auf dem Tisch und es kann damit konstruktiv gearbeitet werden. Ausprägungen des offenen Widerstandes können sein:

  • Offene Kritik und / oder Beschwerden in schriftlicher oder mündlicher Form

  • Offene Interventionen oder Aktivitäten, die sich gegen das geplante Vorhaben richten.

  • Verdeckter Widerstand: 

Die den Widerstand ausübende Person hat meistens kein Interesse erkannt zu werden, sie agieren aus dem Verborgenen. Ihre Interessen sind meist destruktiver Natur, dass heißt, sie wollen etwas verhindern ohne als die Verursacher erkannt zu werden. In vielen Fällen ist es diesen Person nicht einmal bewusst, dass sie Widerstand leisten, was den Umgang sehr erschwert.

  • Es entstehen leicht tickende Zeitbomben, die sich weiter aufladen und Veränderungsprozesse scheitern lassen können.

    Wie sehen Symptome des verdeckten Widerstandes aus ?

  • Lustlosigkeit, sich häufende Abwesenheit, bis hin zu steigender Krankheitsquote

  • sich unwissender stellen als man ist

  • wiederholtes in Frage stellen bereits getroffener Entscheidungen

  • zunehmende Rückdelegation bereits angenommener Aufgaben

  • das Einfordern von maximaler Einbeziehung von unwesentlichen Stakeholdern

  • Entsenden nicht entscheidungsbefugter Vertreter zu Sitzungen

  • die Forderung nach perfekten Lösungen

Eindeutig zu diagnostizieren ist verdeckter Widerstand nur in besonders ausgeprägten Fällen, einzelne Symptome können durchaus auch andere Ursachen haben. Es gilt einfach wachsam zu sein und wahrzunehmen.

Ursachen und Gründe des Widerstands 

Vereinfacht gesagt gibt es rationale und emotionale Ursachen, die aber nicht immer voneinander getrennt werden können. Oft wird dabei das Eisbergmodell herangezogen, demzufolge die rationalen Ursachen oft sichtbar sind, die emotionalen jedoch an der breiten, nicht sichtbaren und deshalb gefährlichen Unterseite des Eisbergs angesiedelt sind.

  • Rationale Ursachen: 

Diese Widerständen sind der Sachebene zuzuordnen, sind geprägt von objektiven Fakten wie ökonomische, technische oder rechtliche Aspekte.

  • Persönliche Ursachen: 

Häufigste Ursache ist Angst und Unsicherheit, die oft einem selber nicht bewusst sind. Vor allem wenn Ängste diffus und nicht greifbar sind, wenn keine klare Kommunikation stattfindet und die Notwendigkeit nicht klar ist, nehmen Ängste bei den Betroffenen zu. Es können dies Gründe sein wie die Angst vor Kompetenzverlust, Statusverlust, vor mehr Kontrolle, vor Transparenz, vor Arbeitsplatzverlust oder davor Neues lernen zu müssen (not invented here).

Welche Formen des Widerstands gibt es?

Auf einer einfachen Achse gibt es die Unterscheidung zwischen bewussten und unbewussten, offenen und verdeckten Widerstand. Darin finden sich die unterschiedlichen Typologien wie Vermeider, Protestler, Ahnungslose und Saboteure.

  • Verdeckter und bewusster Widerstand ("Saboteur"): 

In dieser destruktiven Form wird vorgegeben, ein Projekt zu unterstützen und zu fördern. Diese „Absicht“ wird oft durch eloquente verbale Aussagen unterstrichen, de facto wird es aber subtil verhindert und torpediert. Daher spricht man in vielen Fällen auch auch von Sabotage.

  • Verdeckt unbewusster Widerstand ("Ahnungsloser"): 

Hier fehlt das Bewusstsein, dass man mit seinem Verhalten ein Veränderungsprojekt torpediert, weil man gegen die Veränderung ist.

  • Offen unbewusster Widerstand ("Vermeider"): 

Es gibt durchaus Personen, die auf ihrer bisherigen Linie und Mustern verharren, sich dabei aber nicht bewusst sind, wie sie damit das Veränderungsprojekt verhindern. Diese Personen bezeichnen im übrigen ihr Verhalten oftmals gar nicht als Widerstand, sondern vermeiden einfach das neue Verhalten, dass von ihnen erwartet wird.

  • Offen bewusster Widerstand ("Protestler"): 

Wer sich offen und bewusst gegen ein Veränderungsprojekt stellt, artikuliert dies auf allen möglichen Kanälen. Typisch ist, dass die eingenommene Position klar, deutlich und mit rationalen Argumenten verteidigt wird.

Was Führungskräfte über Widerstand wissen sollten

  • Wenn es keinen Widerstand gibt, dann gibt es auch keine Veränderung: 

Fast wie ein physikalisches Gesetz scheint sich dieses Phänomen nicht nur zu bewahrheiten, sondern vielen Führungskräften ins Stammbuch geschrieben. Widerstand ist ein natürliches menschliches Phänomen.

  • Widerstand ist oft Sehnsucht nach Sicherheit und Identität: 

Menschen streben nach Orientierung, Gewohntes gibt nicht nur Sicherheit, sondern Stabilität. Vor allem wenn der Nutzen oder das Warum einer Veränderung nicht bewusst gemacht wird, werden reflexartig alte Muster des Widerstandes hochgefahren.

  • Raum geben, nicht ignorieren: 

Wenn Widerstand verdrängt oder nicht adressiert wird, dann beobachten wir ein anderes zwischenmenschliches Phänomen: er taucht an andere Stelle wieder auf. Verdrängung und Vermeidung sind keine tauglichen Mittel, um Widerstand zu begegnen. Im Gegenteil verschlimmern sie meistens noch die Dynamik.

Führungskräfte sind keine Therapeuten oder Psychologen. Aber Grundkenntnisse, wie man Zugang zu den Widerständen findet und den Mut aufbringt, diese in Organisationen anzusprechen, würde vieles bei Veränderungsprozessen möglich machen.

  • Keine Patentrezepte:

Beim erfolgreichen Umgang mit Widerstand gibt es keine Patentlösung oder einfache Lösungen, sondern die Entwicklung einer reifen Führungspersönlichkeit ist dabei die wichtigste Voraussetzung.

Eine Führungskraft, die sich mutig für das Unbekannte öffnet, die bereit ist, nicht nur Risiken sondern auch Konflikte einzugehen und Dinge offen anspricht, eine Persönlichkeit, die Zuhören kann, mit hoher Glaubwürdigkeit Vertrauen und Offenheit aufbauen kann. Eine Persönlichkeit, die auch bereit ist, Konsequenzen zu ziehen und klare Grenze zu setzen.

Wenn Organisationen Scheinaktivitäten eliminieren und Führungskräfte lernen mit eigenen Widerständen und den der anderen umzugehen, dann können Organisationen wieder das werden, was sie eigentlich sein sollten:

  • Orte der Potentialentfaltung, wo Ängste und Unsicherheiten auch Raum haben dürfen, damit Veränderungen organisch möglich und erfolgreich sind. 

Bei unseren Silicon Valley Lernreise lernen wir, was um Thema Künstlicher Intelligenz alles auf uns zukommen wird, wie dies Organisationen von Grund auf verändern wird und wie Widerstand der tägliche Begleiter sein wird. Ich bin davon überzeugt, dass die Fähigkeit mit Widerstand umzugehen in Zukunft den entscheidenden Unterschied in Führungspositionen ausmachen wird. Letztlich auch, wenn es um die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens geht, daher ist jetzt gerade die richtige Zeit sich mit Widerstand auseinandernzusetzen.

Autor: Mag. Werner Sattlegger

Literatur: 

Werner Sattlegger:” Die Kunst reifer Führung”

Loil Neidhöfer/Werner Sattlegger: "Wenn die Sehnsucht über die Angst hinauswächst"

Fritz Riemann: "Grundformen der Angst"

Otto Scharmer: "U Theory"

Veranstaltungstips:

Silicon Valley Lernreise 03.Juni - 07. Juni 2024

Autor: Mag. Werner Sattlegger, Founder und CEO Art of Life

 

 
 
Autor: Werner Sattlegger Founder & CEO Art of Life

Autor: Werner Sattlegger
Founder & CEO Art of Life