Emotional Vampires
Manchmal betreten Menschen den Raum und es ist, als würde sich etwas verändern. Die Energie sackt ab. Gespräche werden vager. Plötzlich drehen sich die Themen nicht mehr um das Projekt, sondern um Befindlichkeiten. Kritik wird zu Drama. Diskussionen zu Gerüchten. Die Luft wird dünn. Innovation wird blockiert, keiner spricht mehr etwas gehaltvolles. Man geht aus dem Meeting raus und hat das Gefühl ausgesaugt zu werden.
Der Psychologe Albert J. Bernstein prägte für solche Situationen den Begriff: "Emotionale Vampire". Menschen, die nicht böse sind, aber durch ihre Art der Kommunikation und Interaktion systematisch Energie aus Teams und Beziehungen ziehen. Oft wird damit oft in die Esoterikecke gestoßen, doch ist dieses Phänomen mittlerweile sehr gut untersucht. Und für Führungskräfte ist es höchst relevant, wie genau, darum geht es in diesem Beitrag.
Was ist ein emotionaler Vampir?
Emotionale Vampire haben nichts mit Küchenpsychologie zu tun, sondern sind klar beobachtbare und messbare Phänomene in Organisationen.
Nachdem Psychologen Albert J. Bernstein sind emotionale Vampire Menschen, die durch bestimmte, immer wiederkehrende Verhaltensmuster ihre Umgebung manipulieren, verunsichern oder in einen emotionalen Nebel hüllen. Sie entziehen durch ihr Verhalten anderen Mensche ganz konkret Energie, das machen sie vor allem wie folgt:
Sie verdrehen Dinge, manipulieren, geben “Gerüchte” weiter, dominieren und schmieden Allianzen
Sie reagieren übertrieben auf Kritik, ohne Verantwortung zu übernehmen.
Sie lenken Gespräche weg vom Thema ab, legen Nebelgranaten.
Stellen unwahre Behauptungen auf, verdrehen Fakten und üben sich in in Machtspiele (z.B. nicht Antworten auf Mails, etc. )
Sie erzeugen Schuldgefühle oder diffus schlechte Stimmung, ohne konkret zu werden.
Typisch: Nach einem Meeting mit einem emotionalen Vampir fühlen sich selbst starke Persönlichkeiten erschöpft, verunsichert oder wie "emotional ausgesaugt".
Office Drama Queen
Im Unterschied dazu ist die Dramaqueen (geschlechtsneutral gemeint) die lautere, bühnenhaftere Variante. Diese wurde durch diverse Artikel im Harvard Business Review, Psychology Today oder Forbes eine breiten Öffentlichkeit bekannt. Typische Merkmale sind öffentliche Gefühlsausbruch, der überzogene Reaktionen und Dauerkrisenmodus.
Jede Kritik wird zur großen Kränkung.
Jede Meinungsverschiedenheit ein Zeichen tiefer Ungerechtigkeit.
Meetings werden zur Bühne für emotionale Eskalation.
Was die Dramaqueen mit dem emotionalen Vampir gemeinsam hat: Der Fokus verschiebt sich von der Sachebene auf die Person. Statt Fortschritt gibt es Gespräche über Gespräche. Statt Verantwortung gibt es Inszenierung. Statt Innovation findet Stagnation statt. Es wird ein emotionaler Flurschaden angerichtet, der meistens ganz viel Produktivitöt kostet
Was ist die Folge?
Beide Phänomene haben die gleiche Ergebnisse, sie lassen sogenannte Dramadreicke enstehen, ein Begriff der vom Psychologen Stephen Karpman beschriebe wurde. Es ist mittlerweile sehr bekannt und entsteht in emotional aufgeladenen Situationen. Diese drei Rollen sind darin zentral:
Opfer: "Ich kann nichts dafür, alle sind gegen mich."
Retter: "Ich möchte helfen und alles wieder gut machen."
Verfolger: "Du bist schuld, du musst dich ändern."
Sowohl emotionale Vampire als auch Dramaqueens provozieren dieses Rollenspiel:
Sie stellen sich selbst gern als Opfer dar.
Sie ziehen Retter (z. B. die Führungskraft) in ihr Spiel.
Wer Grenzen setzt, wird schnell zum Verfolger gemacht.
Das Gefährliche: Die Rollen wechseln ständig. Und die eigentliche Sache tritt völlig in den Hintergrund. Was bleibt, ist ein emotional erschöpftes Team, ausgesaugt Kollegen, die sich oft noch schuldig fühlen und nicht ihre Leistung bringen.
Was die Forschung sagt
Studien zeigen: In Teams mit unausgesprochenen oder unausgeglichenen emotionalen Dynamiken sinkt die Produktivität signifikant. Eine Studie der Harvard Business School (Porath & Pearson, 2013) belegt: 80 % der Befragten verlieren durch toxisches Verhalten im Team Zeit, 66 % geben an, ihre Leistung bewusst reduziert zu haben, und über 25 % kündigten infolgedessen sogar ihren Job.
Eine andere Studie mit dem Namen : On the Nature, Consequences and Remedies of Workplace Incivility
Quelle: Academy of Management Perspectives hat folgende zentrale Aussagen
Schlechte Stimmung, unterschwellige Aggression und dramatisierende Mitarbeiter:innen reduzieren die kognitive Leistung ihrer Kolleg:innen um bis zu 20 %.
Führungskräfte verbringen durchschnittlich 13 % ihrer Zeit mit Konflikten, die auf emotionale Instabilität zurückzuführen sind.
Geschätzte direkte Kosten pro Jahr: zwischen 14.000 und 80.000 USD pro Führungskraft, abhängig von Branche und Fluktuation.
Die systemische Wirkung solcher Rollenverteilungen ist gravierend: Sie unterminieren Vertrauen, verhindern echte Verantwortungsübernahme und führen zu Reputationsschäden, wenn Führungskräfte sich in emotional aufgeladene Spiele verwickeln lassen.
Kurz: Wo das Drama-Dreieck regiert, stirbt die Klarheit.
Was Sie als Führungskraft konkret tun können
Das Allerwichtigste ist: Grenzen setzen, nicht auf das Drame eingehen, keine Bühnen geben,
Rollen erkennen – ohne sofort einzugreifen. Fragen Sie sich: Wer agiert hier gerade aus dem Muster heraus? Und was passiert wirklich?
Nicht retten, sondern rahmen. Geben Sie Verantwortung zurück. Nicht durch Kälte, sondern durch klare Fragen: "Was brauchst du, um das selbst zu lösen?"
Keine Bühne für das Drama. Emotionen dürfen da sein. Aber sie dürfen nicht die Agenda diktieren.
Ausblick
Ich habe als Coach und Führungskraft unzählige Male erlebt, wie lähmend diese Dynamik wirkt – und wie kraftvoll es ist, ihr mit innerer Klarheit zu begegnen. Es braucht nicht Härte, sondern Haltung. Nicht Aktionismus, sondern Aufmerksamkeit. Nicht Kontrolle, sondern Präsenz.
Führung heißt nicht, jede Krise zu entschärfen. Sondern dafür zu sorgen, dass nicht jede Emotion zur Krise wird.
Und vielleicht ist das der eigentliche Wandel, den Leadership heute braucht: Weniger Bühne. Mehr Bodenhaftung.
Denn am Ende des Tages entscheidet nicht die lauteste Stimme und das größte Drama, sondern das was am Ende des Tages herauskommt. Künstliche Intelligenz wird unsere Arbeit so radikal ändern, dass wir es uns nicht mehr leisten können, solche Energievampiren und Dramaqueeins die Bühne zu geben.
Autor: Mag. Werner Sattlegger, Founder Art of Life
Literaturliste
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Autor: Werner Sattlegger
Founder & CEO Art of Life
Experte für digitale Entwicklungsprozesse, wo er europäische mittelständische Familien- und Industrie-unternehmen von der Komfort- in die Lernzone bringt. Leidenschaftlich gerne verbindet er Menschen und Unternehmen, liebt die Unsicherheit und das Unbekannte, vor allem bewegt ihn die Lust am Gestalten und an Entwicklung.