Keine Regeln

Unternehmenskultur bei Netflix

Buchrezension “Keine Regeln”

Anfang 2000 war das Unternehmen „Blockbuster“ schlichtweg das Symbol für Heimkino in den USA, der Ort wo man alle Videos ausleihen konnte. 6 Milliarden Dollar schwer und mit global 9000 Filialen war „Blockbuster“  Marktführer. 

Zur gleichen Zeit hatte das gerade erst gegründete Unternehmen „Netflix“ etwa 100 MitarbeiterInnen und schreibt tiefrote Zahlen. Der CEO von Netlifx, Reed Hastings, will Netflix deshalb an Blockbuster verkaufen, um eine Online-Videoverleih-Plattform aufzubauen. Doch Blockbuster lehnt ab, der geforderte Preis von 50 Millionen Dollar war dem Platzhirsch zu hoch. Der Rest ist Geschichte, nur 9 Jahre später musste Blockbuster als Marktmonopolist Konkurs anmelden. Gleichzeitig eilt Netlfix von einem Höhenflug zu anderem und schreibt mittlerweile überhaupt die Geschichte des Films neu. 

Netflix räumt nicht nur bei allen Filmawards wie der Oscarverleihung ab, indem es die besten Leute aus der Filmindustrie anzieht und Hollywood verblassen lässt. Innerhalb weniger Jahre hat sich Netflix von einem Online Videoverleih, zu einem Streaming Plattform und dann zu einer globalen Filmproduktionsfirma transformiert, die die Regeln der Filmindustrie neu definiert.

Was den Unterschied ausmacht, ist eine radikale und einzigartige Unternehmensultur.

Über diese Unternehmenskultur hat Netflix Founder und CEO, Reed Hastings, gemeinsam mit der Managementprofessorin Erin Meyer das sehr beeindruckende Buch „Ohne Regeln“ geschrieben. Mit vielen praktischen Bespielen, wenig aufgeregt aber sehr klar und präzise, fast schon nüchtern wird die Netflix Kultur beschrieben, die fast ein wenig Gänsehaut auslöst:

Kann es wirklich sein, dass man in großen Meetings den CEO nicht nur öffentlich kritisieren darf, sondern sogar soll?

Kann es sein, dass über Kündigungen, Gehälter oder Ausgaben so offen gesprochen wird? Löst das nicht auch Angst aus?

Diese Fragen tauchen unweigerlich auf, vor allem wenn man in einer Kultur lebt, wo genau das Gegenteil üblich ist. Aber im Grunde ist die Kultur von Netflix keine Raketenwissenschaft, sie erfordert aber Mut, Selbstreflexion, hohe Leistungsbereitschaft und Kooperation. 

Dann werden die folgenden Punkte einer innovativen Unternehmenskultur möglich: 

“Hohe Talentedichte“ -  nur die Besten

Nach der ersten Dotcomblase im Jahr 2001 musste Netflix 1/3 der MitarbeiterInnen kündigen, mit einer erstaunlichen Erfahrung: die Leistung des Unternehmens ist mit weniger Personal nicht gesunken, sondern gestiegen. Die Erkenntnis dabei, leistungsfähige und engagierte Mitarbeiterinnen im Kreativbereich sind nicht doppelt so gut wie der Durchschnitt, sondern bis zu 100 mal besser. 

Für Reed Hastings war klar: "Talentierte Menschen machen sich gegenseitig besser". Je mehr supertalentierte Mitarbeiter ein Unternehmen hat, je höher also die Talentdichte in der Firma ist, desto erfolgreicher ist sie. "Leistungsfähigkeit ist ansteckend", sagt Hastings.

Aus diesem Grund „hired“  Netlfix nur die Besten, zahlt ihnen sogenannte „Rockstar“ Gehälter. Mit dem regelmäßigen „Keepertest“ muss auch jede Führungskraft sein Team überprüfen, welche Mitarbeiterinnen nicht mehr den hohen Ansprüchen entspricht. Wenn es dadurch zu einer Kündigung kommen muss, dann wird darüber nicht geschwiegen.

„Radikale Feedbackkultur“

Ständiges, direktes und konstruktives Feedback ist ein Muss bei Netflix. Probleme werden direkt angesprochen. Ein "Hinter-dem-Rücken-Getuschel" gibt es bei Netflix nicht. "Sage nur über jemanden etwas, was du ihm auch ins Gesicht sagen würdest" ist einer der Grundsätze. Kein Raum für politische Spiele, sondern ständiges lernen und verbessern. Aus einer Haltung der Offenheit, Dankbarkeit und gegenseitiger Wertschätzung.

„Freiheit, Verantwortung und Transparenz“

Es gibt weder Regelungen für Reisen, Spesen, sonstige Ausgaben oder Urlaube – immer gilt das Prinzip Eigenverantwortung mit der Prämisse „Handle immer im Sinne des Unternehmens“. Das gleiche gilt auch für Entscheidungsprozesse, die immer autonom von den sogenannten „informativen Kapitänen“ durchgeführt werden. Jede Führungskraft entscheidet seine Projekte selber, wenn sie scheitern, werden die Learnings öffentlich gestellt. Damit jeder sofort alles lernen kann und alles tun kann, um zukünftiges Scheitern zu vermeiden.

Ausblick und Zusammenfassung

New Work verändert unsere Welt der Arbeit gerade grundlegend und radikal. Bestehende Strukturen verändern sich so schnell, dass sich Unternehmen teure und schwerfällige Prozesse nicht mehr leisten können. Der alles und entscheidende Unterschied macht die Unternehmenskultur aus, vor allem in den Bereichen Kreativität und Innovation. Vor allem zeigt das Beispiel Blockbuster und Netflix, wie Disruptionen am Anfang so „leise“ beginnen und innerhalb kürzester Zeit traditionelle Branchen transformieren.   

Literatur

Reed Hastings, Erin Meyer: “Keine Regeln”, Econ, 2020


 
Autor: Werner SattleggerExperte für digitale Entwicklungsprozesse- wo er europäische mittelständische Familien- und Industrie-unternehmen von der Komfort- in die Lernzone bringt. Leidenschaftlich gerne verbindet er Menschen und Unternehmen, liebt di…

Autor: Werner Sattlegger

Experte für digitale Entwicklungsprozesse- wo er europäische mittelständische Familien- und Industrie-unternehmen von der Komfort- in die Lernzone bringt. Leidenschaftlich gerne verbindet er Menschen und Unternehmen, liebt die Unsicherheit und das Unbekannte, vor allem bewegt ihn die Lust am Gestalten und an Entwicklung.