Wie Unicorns Branchen disruptieren

Manche sprechen von den „Roaring Twenties“, andere von der „Next Disruption“ Ära. Tatsache ist, dass der aktuelle Boom an Investitionen in den kommenden Jahren unser aller Leben und Wirtschaft massiv beeinflussen wird. Dabei ist die Zahl an neuen „Unicorns“ , auch Einhörner genannt, von besonderem Interesse.

Als Einhorn bezeichnet man allgemein ein Start-up Unternehmen mit einer Marktbewertung von über einer Milliarde US Dollar, das auf Grund des zukünftiges Potential enorm schnell wächst. Einhörner entwickeln neue Geschäftsmodelle, skalieren dieses in enormer Geschwindigkeit und können so exponentielles Wachstum ermöglichen.

Die Basis dafür sind meistens KI gestützte Technologien, die in den meisten Fällen Prozessabläufe vereinfachen, derzeit vor allem in den Bereichen Finanzdienstleistungen, Transport oder Gesundheit. Schauen wir uns das mal ein weniger genauer an.

Zwischen dem 1. Januar 2016 und dem 30. Juni 2021, erreichten insgesamt 869 Unternehmen die Bewertungsmarke von 1 Milliarde US-Dollar. Zum Vergleich dazu wurden zwischen 2005 und 2010 überhaupt nur 14 Unternehmen zu Einhörnern. Im letzten Jahr 2021 waren es unglaubliche 10 Einhörner pro Woche, insgesamt sammelten sie im letzten Jahr 565 Milliarden US-Dollar an Kapital ein, wobei 37 % dieser Gesamtsumme überhaupt an 52 Decacorns gingen. Als Decacorn bezeichnet man ein Startup, dessen Marktwert bei über zehn Milliarden US-Dollar liegt.

Was sind nun die wichtigsten Auswirkungen dieser Entwicklungen?

Fintechs disruptieren das Bankgeschäft

Banken arbeiten nach wie vor mit einem teuren Filialnetz oder verdeckten Gebühren, sowie wenig Transparenz. Die bisherigen Angebote von Banken wie Internetbanking oder Cash-Apps sind gerade für die junge Generation zu wenig, sie brauchen auch keine Filialen, sondern stürzen sich auf Krypotwährungen. Daher ermöglicht das enorme Wachstum von E-Commerce einen beispiellosen Bedarf an grenzüberschreitenden, skalierbaren digitalen Zahlungsmöglichkeiten, damit ein unbegrenztes Potential an Start-ups im Fintechbereich.

Das Phänomen des rasant wachsenden Zahlungsverkehrs lässt sich am deutlichsten an der Entwicklung von Square (das im Dezember 2021 in Block umbenannt wurde) erkennen: Das Unternehmen wurde vom Twitter Founder Jack Dorsey vor über 10 Jahren als einfaches Kartenlesegerät gegründet, während der Pandemie entwickelte es sich dann zu einem Cash App, inklusive Transaktion von Bitcoins. In den SEC-Einreichungen meldete Block 435 Millionen US-Dollar an Bargeld-App-Umsätzen im Jahr 2018, bis 2020 wuchs dieser Umsatz auf 6,0 Milliarden US-Dollar an, und bis zum dritten Quartal 2021 lag der Umsatz bei 9,8 Milliarden US-Dollar - was mit einer Unternehmensbewertung von 110,6 Milliarden US-Dollar endet.

Banken versäumen den Trend von Kryptowährungen, wie man an den Beispielen des Börsenganges von Coinbase (73 Millionen verifizierte Nutzer) oder des Einhornstatus vom österreichischen Bitpanda erkennen kann.

 “Buy now, pay later"-Plattformen

Plattformen, die es Käufern ermöglichen, Einkäufe nach Zahlungsplänen zu tätigen, wurden zuerst in Zahlungssysteme im E-Commerce integriert und breiten sich nun rasch auf andere Branchen aus. Im Jahr 2021 wurden so rund 4 Mrd. USD in "Buy now, pay later" Unternehmen investiert, im Vergleich zu 1,7 Mrd. USD im Jahr 2020. Führende BNPL-Plattformen sind Klarna, Stripe oder Affirm, die im B2B immer mehr zum Einsatz kommen.

"Buy now, pay later" Systeme werden auch auf andere Branchen übertragen, sei es die Reisebranche mit Uplift oder Fly Now, die große Urlaubsrechnungen über einen längeren Zeitraum aufteilen. Ein anderes Beispiel ist in San Francisco ansässige Unternehmen PayZen, deren Dienst ermöglicht es den Verbrauchern, Gesundheitsausgaben über einen längeren Zeitraum zu bezahlen.

Von Elektrofahrzeugen zur Energiewende

Die Verkäufe von Elektrofahrzeugen stiegen 2020 um 40 % auf 3 Millionen und haben das Potenzial, 2021 um 98 % gegenüber dem Vorjahr zu wachsen - angetrieben durch die steigende Akzeptanz bei den Verbrauchern, Anreize und in vielen Bereichen, staatliche Auflagen zur Vergrößerung des Marktes. Tesla oder Rivian überholen bestehende Autogiganten, die diesen Trend aus Überheblichkeit völlig verschlafen haben, was als warnendes Beispiel für andere Branchen gültig sein soll.

Generation Z im Metaversum

Einhörner in den Bereichen Bildung, Spiele und Streaming stießen bereits vor 2020 auf großes Interesse; sie sammelten zwischen 2016 und 2019 zusammen 23,8 Milliarden US-Dollar ein. Aber erst während der Pandemie startete diese Branche durch und brachten 29,9 Milliarden US-Dollar ein. Die aktuelle 70-Milliarden-Übernahme des "Candy Crush"-Entwicklers Activision Blizzard von Microsoft ist ein weiteres Indiz, wohin die Reise geht. Die Nutzer werden immer mehr Zeit in der virtuellen Welt verbringen, Experten vergleichen diesen Schwenk mit der Entwicklung in der Automobilbranche von Verbrennern hin zu elektrischen und autonomen Fahrzeugen.

Gesundheit und Wellness werden virtuell

Die Pandemie hat auch den Zugang der Menschen zur Gesundheitsversorgung grundlegend verändert. Verbraucher und Leistungserbringer haben Telemedizin schnell angenommen, so dass Menschen z.B, ihren Gesundheitszustand überwachen, sich virtuell mit ihren Leistungserbringern treffen und Rezepte aus der Ferne verwalten können. So haben seit Beginn der Pandemie 13 neue Telehealthunternehmer den Einhornstatus bekommen, neun davon wurden in der ersten Hälfte des Jahres 2021 zu Einhörnern.

Kritik an Einhörner

Um die angestrebte Monopolstellung schnell zu erreichen, investierten viele Einhörner anfangs große Summen, die jahrelang keine Gewinne abwürfen. Das ist Kern von kritischen Stimmen, die lieber “Zebras” fördern, also Unternehmen, die einen nachhaltigen Ansatz verfolgen und großen Wert auf das Wohlergehen von Mensch und Umwelt legen.

Auch leiden manche Investoren unter “FOMA” (the fear of missing out), einer Angst etwas zu versäumen und damit Unternehmen mit Geld zu überfluten. Die Folge können Überheblichkeit und Größenwahn sein, wie uns der Fall von Elisabeth Holmes (Theranos) zeigt, dazu mehr demnächst im nächsten Blog.

Als Tatsache bleibt aber, dass sich etablierte Unternehmen nicht auf den Lorbern ausruhen dürfen, denn einige der schnell wachsenden Einhörner werden sich in der nächsten Dekade durchsetzen. Mit der Änderung des Kaufverhaltens der Generation Z, Fortschritte in Künstlicher Intelligenz und neuen Geschäftsmodellen werden viele Branchen und Unternehmen die nächsten Jahre nicht überleben.

Das zeigt auch die Geschichte, sei es Kodak, Nokia oder Blockbuster, die von damaligen Einhörner überholt wurden und nicht überlebt haben.

Was es jetzt braucht, sind mutige und reife Führungskräfte, die bereit sind Bestehendes zu hinterfragen, Altes loszulassen und mutig neue Wege zu gehen. Denn man kann die aktuelle Entwicklung kritisieren oder daran antizipieren, was man nicht darf ist, diese zu ignorieren-

Autor: Mag. Werner Sattlegger, Founder Art of Life

Buch:

Werner Sattlegger, “Die Kunst reifer Führung”

Tip:

Zukunftsreise in das Silicon Valley, 27. Juni - 01. Juli, 2022


 
 

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Autor: Werner Sattlegger
Founder & CEO Art of Life

Experte für digitale Entwicklungsprozesse, wo er europäische mittelständische Familien- und Industrie-unternehmen von der Komfort- in die Lernzone bringt. Leidenschaftlich gerne verbindet er Menschen und Unternehmen, liebt die Unsicherheit und das Unbekannte, vor allem bewegt ihn die Lust am Gestalten und an Entwicklung.